Neuraltherapie
Unter der Neuraltherapie wird die gezielte Behandlung von örtlich begrenzten oder auch allgemeinen Störungen des Organismus mithilfe eines Lokalanästhetikums verstanden. Dadurch soll die natürliche Selbstheilungskraft des Körpers unterstützt werden bzw. wird sie teilweise erst dadurch überhaupt ermöglicht. Die Neuraltherapie nutzt dazu die körpereigenen Funktionen des vegetativen Nervensystems.
Das Ziel der Neuraltherapie
Ziel dieser Therapieform ist, die Selbstheilung des Körpers, auch als Regulation bezeichnet, anzuregen.
Als sehr effektive therapeutische Option wird die Neuraltherapie auch als Alternative zur langjährigen Einnahme von Medikamenten empfohlen. Gerade, wenn der Körper mit der Selbstregulation überfordert ist, was beispielsweise bei vielen akuten und chronischen Erkrankungen der Fall sein kann, ist die Behandlung des Patienten mit der Neuraltherapie wirksam und zweckmäßig.
Behandlungsform
Zu Beginn der Therapie wird der Patient gründlich untersucht, wobei die wichtigste Untersuchungstechnik die Palpation ist, also das Abtasten des Körpers mit den Händen. Der Therapeut kann so Veränderungen des Zustands von Haut, Unterhaut und Muskulatur feststellen, die er als Regulationsstörung erfasst. Auch Röntgenbilder, Laborbefunde und andere klinische Befunde können für die weitere Abklärung hilfreich sein.
Die Behandlung selbst erfolgt durch Injektionen des Anästhetikums, meist wird Procain verwendet, in das betroffene Gebiet mit sehr feinen Nadeln. Diese feinen Nadeln sorgen für einen sehr geringen Behandlungsschmerz, sodass selbst ängstliche Patienten die Behandlung gut aushalten können.
Leidet der Patient an chronischen Beschwerden oder ist von mehreren Erkrankungen gleichzeitig betroffen, richtet sich die Therapie zuerst auf die am stärksten belastenden Beschwerden.
Auch wenn meist mehrere Therapiesitzungen für einen andauernden Behandlungserfolg sorgen, kann manchmal schon eine einzige Injektion zu dauerhafter Beschwerdefreiheit führen. Dieses Phänomen wird auch als Sekundenphänomen nach Huneke, dem Erfinder der Neuraltherapie, bezeichnet.
Nach der Behandlung
Nach der Behandlung soll eine kurze Ruhepause erfolgen, da als eine harmlose Nachwirkung ein kurzzeitiges Schwindelgefühl auftreten kann. Auch die Reaktionsfähigkeit des Patienten kann nach der Neuraltherapiesitzung für ein bis zwei Stunden beeinträchtigt sein, sodass in der Zeit danach keine anstrengenden oder schnelle Reaktionen erforderliche Tätigkeiten ausgeführt werden sollten.
Wirkung der Neuraltherapie
Eine Neuraltherapie ist mehr als nur die Betäubung des betroffenen Bereichs, denn sie beeinflusst alle Regelkreise des Organismus. Ob nerval, hormonell, muskulär, zirkulatorisch oder lymphatisch – auch die Wirkung auf das Skelett, die Verdauungs- und Ausscheidungsorgane ist belegt. Hieran zeigt sich auch ihr breites Einsatzgebiet, denn durch eine Neuraltherapie wird eine entspannende, durchblutungsfördernde und entzündungshemmende Wirkung erzielt, mit der Blockierungen behoben werden können. Dadurch werden sowohl bei chronischen Krankheiten als auch bei akuten Beschwerden nachhaltige körpereigene Heilungsprozesse gestartet. Insbesondere bei vielen Formen von Schmerzzuständen, Allergien und Erkrankungen der inneren Organe ist die Neuraltherapie und ihre Behandlungsmethoden sehr gut geeignet.
Einsatz der Neuraltherapie
Eine Neuraltherapie kann sehr gut mit jeder schulmedizinischen Behandlung kombiniert werden. Als risikoarme und ganzheitliche Methode ist sie eine effektive Therapie, deren Stärke darin liegt, bei ca. 80 % aller chronischen Erkrankungen zum Einsatz kommen zu können. Ausgeschlossen davon sind jedoch Tumore, zerstörte Strukturen wie Leberzirrhose oder Mangelzustände (z. B. Eisen- oder Vitaminmangel). Bei anderen insbesondere über viele Jahre anhaltende Erkrankungen wie
- chronischen Kopfschmerzen,
- Gelenkerkrankungen,
- chronischen Nacken-Schulterverspannungen und Rückenschmerzen,
- Hautleiden,
- Asthma,
- chronischen Magen-Darmbeschwerden,
deren Auslöser oft nicht mehr herauszufinden ist, gibt es sehr gute Therapieerfolge.
Auch bei akuten Erkrankungen, deren auslösender „Reiz“ in Form einer Infektion oder Verletzung vorliegt, kann die Neuraltherapie die schulmedizinisch korrektive (= Operation) oder symptomatische Behandlung (z. B. Antibiotika- oder Schmerzmitteleinsatz) ergänzen.
Das Mittel der Wahl: Procain
Als Mittel der Wahl kommt bei der Neuraltherapie am häufigsten Procain zum Einsatz. Dies ist ein lokales Anästhetikum, wie es auch ähnlich täglich beim Zahnarzt angewendet wird. Die Vorteile von Procain gegenüber den üblich angewendeten Lokalanästhetika liegen darin, dass es ohne Zusatzstoffe auskommt, dass die Durchblutung an der erkrankten Stelle im Körper gefördert wird und dass es vom Körper bereits innerhalb von 20 Minuten wieder abgebaut wird. Procain kann auch während einer Schwangerschaft und bei Kindern angewendet werden.
Gegenanzeigen, Nebenwirkungen und Risiken
Leidet ein Patient an schweren Infekten, immunologischen Erkrankungen oder weist eine Allergie auf das Lokalanästhetikum auf, dann sollte von der Neuraltherapie abgesehen werden. Auch bei akuten Entzündungen des betreffenden Hautareals oder bei Blutgerinnungsstörungen ist von der Injektion abzuraten. Wer an sehr niedrigem Blutdruck oder Kollapsneigung leidet, sollte dies im Vorgespräch mit dem Therapeuten klären.
Das potenzielle Risiko eines anaphylaktischen Schocks besteht – jedoch sind bei
einer sachgerechten Anwendung mögliche Nebenwirkungen (z. B. Irritationen von Nerven, Gefäßen oder Organen durch die Injektionsnadel) selten. Es kann jedoch zu einer kleinen Blutung an der Einstichstelle mit einem „blauen Fleck“ oder zu einem Muskelkater ähnlichen Gefühl im Bereich der Injektionen kommen.